«Wenn man etwas bewegen will, ist es immer besser, mit am Tisch zu sitzen»

Christopher Bendl
Christopher Bendl

«Dank dem Freihandelsabkommen und den intensivierten Wirtschaftsbeziehungen mit Indonesien können Schweizer Unternehmen einen aktiven Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung in Indonesien leisten.»

Christopher Franz Bendl
CEO PT. Zurich Topas Life und Country Manager Zurich Indonesia

«Wenn man etwas bewegen will, ist es immer besser, mit am Tisch zu sitzen»

Christopher Bendl arbeitet und wohnt schon seit vielen Jahren in Indonesien. Seit August 2017 ist er Länderchef von Zurich Indonesia und Geschäftsführer von PT Zurich Topas Life. Daneben präsidiert er die SwissCham Indonesia, eine Vereinigung von schweizerischen und indonesischen Wirtschaftsakteuren. Im Interview klärt er über die lokalen Aktivitäten der Zurich Versicherungsgruppe auf und erläutert, weshalb er das Freihandelsabkommen mit Indonesien klar befürwortet.

Wie wickelt Zurich ihre Geschäfte in Indonesien heute ab?

Zurich betreibt heute drei Gesellschaften im Land: Eine Lebensversicherungsgesellschaft, eine allgemeine Versicherungsgesellschaft und eine islamkonforme Gesellschaft. Direkt beschäftigen wir circa 1’200 Indonesierinnen und Indonesier in diesen drei Einheiten. Zudem verfügen wir über mehr als 6’000 lokale Vertreter, die unsere Produkte verkaufen. Insgesamt zählen wir mehr als 10 Millionen Kunden in Indonesien. Damit ist Zurich derzeit der führende ausländische Schaden- und Unfallversicherer im Land, grösser als beispielsweise die deutsche Allianz oder die französische Axa.

Weshalb ist Zurich so viel präsenter auf dem indonesischen Markt als andere Versicherer?

In einem Land wie Indonesien, das sich auf etwa 17‘000 Inseln verteilt, ist es entscheidend, ein Vertriebsnetz mit Partnern zu haben, die die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung gut kennen. Deshalb arbeiten wir mit nationalen Banken und Finanzunternehmen zusammen, die im ganzen Land Niederlassungen besitzen. Wir sind mittlerweile aber auch viel stärker im digitalen Bereich tätig. So arbeiten wir für den Verkauf unserer Produkte beispielsweise auch mit Tokopedia, einem der grössten indonesischen Online-Shops, zusammen. Neben dem Vertrieb spielen sicher auch die Qualität der Produkte und die Reputation der Marke eine wichtige Rolle. Und da kann Zurich als bekannte Schweizer Marke besonders punkten, denn die Menschen in Indonesien assoziieren die Schweiz mit Qualität, Vertrauen, zunehmend aber auch mit Nachhaltigkeit und Innovation.

Welchen Mehrwert schaffen Ihre Produkte für die Menschen vor Ort?

Mit unseren Produkten wollen wir die aufstrebende indonesische Mittelschicht in ihren Bemühungen unterstützen, ihre Familien und ihr Vermögen (wie beispielsweise das Haus, das Auto oder das Motorrad) gegen alltägliche Risiken wie Krankheit, Tod, Verlust oder Sachschäden zu versichern. Zudem versichert Zurich auch grosse Infrastrukturprojekte.

Was sind derzeit die grössten wirtschaftlichen Herausforderungen für Indonesien?

Eine der grössten Herausforderungen liegt eindeutig in der Stärkung der Kompetenzen und Fertigkeiten der lokalen Arbeitskräfte. Wir sehen, dass Indonesien jedes Jahr drei bis vier Millionen Hochschulabsolventen hervorbringt. Die Qualität dieser Absolventen hat sich zwar verbessert, aber wir brauchen noch weitere Ausbildungsbemühungen. Hierbei können Schweizer Unternehmen und Universitäten einen wichtigen Beitrag leisten. Schon heute ist die Berufsbildung ein Schwerpunkt in der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit mit Indonesien. Die Menschen vor Ort schätzen dieses Engagement übrigens sehr. Weitere Herausforderungen liegen im Bereich der Regulierungen, die teilweise noch wenig ausgereift sind oder nicht richtig durchgesetzt werden. Viele indonesische KMU haben momentan nur eingeschränkten Zugang zu Finanzdienstleistungen und zu internationalen Märkten. Und die Investitionsattraktivität für ausländische Firmen im Land muss verbessert werden.

Welche Vorteile ergeben sich für Zurich aus dem neuen Freihandelsabkommen?

Bei einer intensiveren Zusammenarbeit beider Länder entsteht für uns eine Chance, unser Geschäft auszubauen, weil wir in Indonesien bereits heute stark verankert sind und den Markt sehr gut kennen. Für alle Schweizer Firmen gilt: Auch weiche Faktoren wie das gegenseitige Vertrauen oder der Zugang zu den Behörden werden durch das Abkommen gestärkt. Es steigert die Rechts-, Planungs- und Investitionssicherheit. Vor allem aber festigt es bestehende Partnerschaften und Geschäftsbeziehungen zwischen schweizerischen und indonesischen Unternehmen.

Im Rahmen der Unternehmerischen Gesellschaftsverantwortung (CSR) hat sich Zurich dazu verpflichtet, ihr Geschäft in Indonesien nachhaltig auszubauen. Wie genau soll das geschehen?

Dies geschieht einerseits durch die Übernahme der globalen Nachhaltigkeitsrichtlinien im Rahmen unserer Geschäftstätigkeit. Zudem haben wir beispielsweise ein Programm zur Verkehrssicherheit ins Leben gerufen, denn in Indonesien kommt es jeden Tag zu unzähligen schweren Unfällen im Strassenverkehr. In einem weiteren Projekt haben wir gemeinsam mit der lokalen NGO Habitat for Humanity Indonesia dazu beigetragen, die Infrastruktur in der Stadt Mauk im Tangerang-Distrikt zu verbessern. Unsere Mitarbeitenden haben Spenden gesammelt und sich freiwillig am Bau von Häusern, Kläranlagen und sauberen Trinkwasseranlagen beteiligt.

Sie sind selbst schon lange in Indonesien tätig. Was halten Sie den Kritikern des Abkommens entgegen, die es wegen des Palmöls oder ganz grundsätzlich ablehnen?

Kritik ist immer ernst zu nehmen, wenn sie konstruktiv ist. Was mir jedoch auffällt: Viele Menschen haben eine sehr engstirnige, westliche Perspektive auf komplexe Herausforderungen in Entwicklungsländern. Vergessen wir nicht: Auch Indonesien wurde von der Corona-Krise getroffen. Die Menschen hier interessieren sich primär für ihre wirtschaftliche Zukunft und diejenige ihrer Kinder. Gerade deshalb ist es aber auch wichtig und richtig, natürliche Lebensräume zu schützen.

Die aktuelle indonesische Regierung hat ihre Bemühungen im Umweltschutz verstärkt, bestes Beispiel dafür ist das vorliegende Freihandelsabkommen. Mehr als jedes bisherige Handelsabkommen berücksichtigt es Nachhaltigkeitsaspekte im sozialen und ökologischen Bereich. Beispielsweise werden Zollerleichterungen beim Palmöl an die Erfüllung spezifischer Nachhaltigkeitskriterien geknüpft. Das gab es bisher noch nie und ist ein wichtiges Signal für künftige Abkommen.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir sind noch lange nicht am Ziel und es gibt noch viel Verbesserungspotenzial, gerade im Umweltschutz. Aber auch Indonesien hat das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und geht internationale Verpflichtungen ein. Und eines kann ich aus langjähriger Erfahrung garantieren: Wenn man etwas bewegen will, ist es immer besser, mit am Tisch zu sitzen, sonst sind einem die Hände gebunden. Vor diesem Hintergrund ist ein Ja zu diesem Abkommen sicher ein vernünftiger Schritt.